Beiträge

RESOLUTION für den Erhalt des Welterbes Neusiedler See

Vielleicht ist nur wenigen Menschen bewusst, wie knapp die Region Neusiedler See 2023 an einer Naturkatastrophe vorbeigeschrammt ist. Die ab Februar 2023 doch noch einsetzenden, sehr ergiebigen Niederschläge haben zwar das Schlimmste verhindert – doch auf derartig seltene Ereignisse kann und darf man sich in Zukunft nicht verlassen!

Welche massiven Auswirkungen eine vollständige Austrocknung des Neusiedler Sees in allen Lebensbereichen hätte, lassen die Überlieferungen aus der letzten Austrocknungsperiode ab dem Jahr 1865 nur erahnen.

Als natürlicher Lebensraum für hunderte Tier- und Pflanzenarten, Raum für zahlreiche Freizeitmöglichkeiten, zentraler Wirtschaftsmotor der gesamten Region, wichtiges Landschaftselement und Klima-Regulator erfüllt der Neusiedler See eine Fülle wichtiger Aufgaben.

Letztendlich steht nichts Geringeres als die Lebensqualität der Menschen einer ganzen Region und der Fortbestand der Flora und Fauna eines unvergleichlichen Naturschutzgebietes auf dem Spiel!

Es könnte die allerletzte Austrocknung sein, mit katastrophalen Konsequenzen für Menschen und Umwelt und die gesamte Region. Der See könnte nie wiederkehren!

Aus diesem Grund appelliert der Gemeinderat der Marktgemeinde Podersdorf am See (einstimmig) insbesondere an die Burgenländische Landesregierung, die Österreichische Bundesregierung, an alle im Parlament vertretenen Parteien sowie an alle auf politische Entscheidungsträger Einfluss nehmenden Organisationen mit deren Experten und an die maßgeblichen Grundbesitzer und Seegemeinden, die dauerhafte Erhaltung des Neusiedler Sees als prioritäre und dringliche Zielsetzung einzustufen.

Dieser Appell richtet sich ebenfalls an die Entscheidungsträger unseres Nachbarstaates Ungarn mit dem dringenden Ersuchen, den Erfordernissen zur Erhaltung der Kulturlandschaft Fertő/Neusiedler See beizupflichten und diese verantwortungsbewusst mitzutragen.

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Podersdorf am See bittet eindringlich „alles in Kräften Stehende zu tun, unter vollem Einsatz der eigenen Hilfsmittel und gegebenenfalls unter Nutzung jeder erreichbaren internationalen Unterstützung und Zusammenarbeit“, so wie dies auch das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt wortwörtlich fordert.

Dass Wasserstandsschwankungen bis hin zum Austrocknen des Neusiedler Sees geführt haben, ist geschichtlich dokumentiert. Allerdings muss einer Austrocknung aus heutiger Sicht massiv entgegengewirkt werden.

Denn das natürliche Wiederkehren des Wassers, so wie historisch beschrieben, ist aus vielen verschiedenen Gründen heute nicht mehr so möglich, wie dies früher der Fall war:

·         Raab - Rabnitz – Regulierungen verhindern ein natürliches Wiederbefüllen des Neusiedler Sees,

·         fehlende Überflutungsflächen durch Trockenlegungen einschließlich deren Verbauungen,

·         extremer Schilfbestand führt zu höchsten Verdunstungsraten,

·         Klimawandel mit kontinuierlich zunehmenden Hitzetagen und anhaltendem Niederschlags-mangel.

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Podersdorf am See wendet sich an die Politik, Behörden, Verwaltung und an die Grundbesitzer und fordert eindringlich:

·     Einleiten umgehender und wirksamer Maßnahmen zur Absicherung und Verbesserung der Wasserbilanz für den Neusiedler See und den Seewinkel,

·   Bereitstellen ausreichender finanzieller Mittel, zum Werterhalt der eigenen Liegenschaften und zum Verhindern von Schäden, die ungleich höheren Ausmaßes wären,

·       Unterstützen neuer Lösungsansätze und Priorisieren rasch realisierbarer Lösungen:

o   Mehrere Möglichkeiten (Zufluss über Ikva/ Kardos-ér/Répce, Moson-Donau, Donau, Leitha, Verdunstungs-Reduktion des Schilfs bzw. Windverfrachtungen) sind vorhanden;

·         Arbeiten an mehreren Lösungen parallel:

o   mittlerweile bleibt keine Zeit, auf die Ergebnisse neuer Studien zu warten, sondern es muss mit vorhandenem Wissen begonnen werden,

o   weitere Studien sollen begleitend durchgeführt werden;

·   Zielstrebiges Weiterführen der Verhandlungen mit dem Nachbarstaat Ungarn in Kooperation mit und zwischen den zuständigen Ministerien und diplomatischen Vertretern.

Wir bitten eindringlich, dass die erforderlichen Verfahren und Abläufe für den nachhaltigen Erhalt des Neusiedler Sees überparteilich, rasch und unbürokratisch behandelt werden.

Das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt bezieht sich in Artikel 5 auf „geeignete rechtliche, wissenschaftliche, technische, Verwaltungs- und Finanzmaßnahmen zu treffen“ und spricht dabei ausdrücklich die Verwaltung an.

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Podersdorf am See wendet sich aufgrund der Dringlichkeit und Wichtigkeit für die Region Neusiedler See – Seewinkel und des Grenzen überschreitenden einmaligen Vorhabens zur Erhaltung des Neusiedler Sees auch direkt an die Bundesministerien

·         Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie,

·         Bundesministerium Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft,

·         Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten und

·         Bundesministerium für Inneres

mit dem Ersuchen:

·    die Verhandlungen mit unserem Nachbarstaat Ungarn auf entscheidungsbefugter Ebene zu eröffnen bzw. zu unterstützen (betrifft z.B. Ikva/Kardos-ér/Répce über Einserkanal einleiten, Wasser aus der Moson-Donau, Verdunstungs- bzw. Schilfreduktion auf ungarischer Seite des Neusiedler Sees),

·         Schaffung einer innerstaatlichen Lösung zur Dotierung des Neusiedler Sees – Seewinkel,

·         Freigaben für die Erfordernisse einer nachhaltigen Verringerung des Schilfbestandes,

·         Bereitstellung von Expertisen zum wesentlichen Thema Verdunstung und Wasserbau.

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Podersdorf am See ist sich gewiss, dass ohne Kooperation der Naturschützer, Naturschutzverantwortlichen und Naturschutzorganisationen mit den politischen Umsetzungsverantwortlichen diese dringend erforderliche und rasche Umsetzung nicht möglich ist und appelliert daher an alle o.a. Personen und Stellen eingehend:

·         kein falsch verstandener Naturschutz als Hinderungsgrund, denn

o das Natura2000 Gesetz spricht eindeutig von „Bewahrung, Entwicklung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes“,

o   das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt Gesetz nennt: „Erhalt in Bestand und Wertigkeit,... wirksame und tatkräftige Maßnahmen“.

Damit wird explizit aktives Eingreifen ermöglicht!

·         Hinterfragen bzw. Optimieren der bislang üblichen Vorgehensweise,

·         fachgerechtes Umdenken angesichts der drohenden Austrocknung des Neusiedler Sees,

·         umsetzbare, umweltfreundliche Fakten für den Erhalt schaffen,

·         Naturschutz muss ein aktives Eingreifen unterstützen und darf dieses nicht blockieren – ein vernünftiges Abwägen von Vor- und Nachteilen ist zwingend erforderlich,

·         positives Lobbying für den Erhalt des Neusiedler Sees; unverständlicherweise wird sehr viel Lobbying gegen Maßnahmen zum Erhalt des Neusiedler Sees betrieben,

·         Die negativen Konsequenzen einer Austrocknung (wie z. B. Fisch-Sterben, Abwanderung von Vogelarten, Gesundheitsgefährdung, …) dürfen keinesfalls unterschätzt oder verdrängt werden.

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Podersdorf am See wendet sich auch an Universitäten, Wissenschaftler und Experten, unbürokratisch Expertise insbesondere zu den Themen Verdunstung, Hydrologie und Wasserbau bereitzustellen.

Wir beurteilen die immer wieder aufgegriffene Argumentation, nicht in die Natur eingreifen zu dürfen, als nicht zielführend!

Wir Menschen haben bereits massiv in die Natur eingegriffen, mit dem Bau des Einser Kanals vor über 100 Jahren, der Hanság wurde trockengelegt, die Ikva permanent aus dem Einzugsbereich abgeleitet, das immense Schilfwachstum nicht unterbunden, etc.

Den Neusiedler See jetzt sich selbst zu überlassen, ist verantwortungslos.

Das Abwenden einer drohenden Naturkatastrophe hat höchste Priorität! Es wäre unverhältnismäßig, bei notwendigen Maßnahmen die Nachteile mit der Lupe zu suchen und vordergründig darzustellen!

Mit den derzeit zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischen Möglichkeiten muss die Region Neusiedler See als Naturraum und als Erholungsgebiet erhalten werden!

Wir alle stehen in der Verantwortung für unsere nächsten Generationen!

 

 Diese Resolution ergeht an:

- Burgenländische Landesregierung

- Innenministerium, Außenministerium, Landwirtschaftsministerium, Umweltministerium

- Österreichische Bundesregierung

- alle im Parlament vertretenen Parteien

- Entscheidungsträger unseres Nachbarstaates Ungarn

- Österreichische Botschaft in Ungarn

- Grundbesitzer

- Verantwortliche der Seegemeinden

- Verwaltung

- Naturschutzverantwortliche

- Naturschutzorganisationen

- Universitäten und Experten